Hier kommt endlich mein versprochener „persönlicher“
Blog-Eintrag, das heißt ALLE, die auf Gefühlsduselei keine Lust haben, sollen
JETZT aufhören zu lesen!
I’m just kidding.
So schlimm wird’s nicht, meine Lieben!
Anlässlich meines kleinen Jubiläums – ich bin nämlich schon
geschlagene 2(!) Monate hier – finde ich es jedoch angemessen mal von meinem
Leben im Kinderheim zu erzählen, was ja auch die meiste Zeit mein Erleben hier
prägt.
Wie schon gesagt, es gibt zu viele Geschichten von den
Kindern, die ich euch so gerne mitteilen würde, aber die müssen leider warten,
da sie die weite Welt des Webs nicht betreten dürfen.
Ich muss zugeben, dass bei allem Humor, den ich mir hier
bewahrt habe, ich schon durch eine sehr harte Zeit gegangen bin in diesen
ersten 2 Monaten.
Wenn man von einem Volontariat in Afrika hört, denkt wohl
jeder Europäer an schwarze verhungernde, süße, nach Liebe lechzende Kinder...
Irgendwoher muss dieses Vorurteil ja kommen, doch nicht aus
Ghana, wobei ich speziell ja nur von meinem Kinderheim reden darf.
Also fürs Protokoll: Nicht aus diesem Kinderheim.
Die Kinder haben sich mir jedenfalls nicht sofort um den
Hals geworfen. Es hat gedauert.
Fangen wir beim Anfang an. Ich kam an und war – wie auch
anders erwartet – grün hinter meinen ghanaischen Ohren. Wäre nicht die andere
Volontärin da gewesen, um mich einzuarbeiten, wäre ich sicherlich jetzt noch
nicht eingearbeitet, denn Ghanaer instruieren nicht. Sie korrigieren nicht und
geben so gut wie keine Anweisungen, denn das empfinden sie als unhöflich. Ein
klares Abstecken der auszuführenden Arbeit gibt es hier nicht, es gilt zu
beobachten und nachzuahmen.
Ich war geschockt von dem scharfen Umgangston hier, den ich
null erwartet hätte...
Morgens in einem Gewirr von 30 Kindern im Haus, die
irgendeine undefinierbare Arbeit verrichten, die zwar auf einem Plan ausgehängt
wird, doch mir niemand eine Anweisung gibt, außer dass ich bei Nachfragen
„supervisen“ soll, fühlte ich mich etwas verloren und hilflos. So kommt es,
dass ich morgens meist herumstand und ganz „busy supervising“ war, d.h. Tee getrunken habe während ich
dachte, dass die Kinder arbeiten. Erst jetzt so langsam komme ich auf den
Trichter, was die Kinder alles NICHT machen und welche Schlupflöcher sie suchen.
Ghanaische Kinder werden streng aufgezogen. Sie verstehen
nur die Sprache des Schreiens und der Strafe. Diese Sprache musste ich lernen
zu sprechen, um hier respektiert zu werden. Am Anfang hat genau diese
einheimische Sprache mir den Strick gedreht und den Kindern die Sprache
verschlagen, um es nett auszudrücken.
Es gab nach ca. 2 Wochen hier einen Vorfall an meinem Tisch,
ich intervenierte, verteilte Strafen und – tschaka – keiner von meinem Tisch
redete mehr mit mir. Ich kann euch nicht sagen, was in meinem Kopf umherging,
auf jeden Fall viele Selbstzweifel und Verzweiflung. Was suche ich in Afrika,
wenn die Kinder mich hier ignorieren? (Ich rede hier von 5 von 50 Kindern – Rationalität
in solchen Situationen zu verlangen ist aber eher utopisches Wunschdenken). Was
ich nicht wusste (weil mich ja auch
niemand instruiert hat), dass es komplett normal ist, dass die Kinder hier,
wenn ihnen etwas nicht passt, ignorieren. Gerade das Fragilste hier in Ghana,
nämlich die Kommunikation, wird bei jeglicher Störung sofort auf Eis gelegt.
Das hat natürlich nicht sooo lange angehalten, ein paar Tage
jedoch schon (ca.7) ich habe mich an die Mitarbeiter gewendet, wo mir einer
wirklich weitergeholfen hat. Auch die deutsche Leitung hat weitergeholfen.
Das eine führende Mädchen fühlte sich so auf den Schlips
getreten, dass wir uns erst JETZT wieder annähern.
Das ist nur eine Situation von vielen, die ich hier erlebt
habe, die alles andere als paradiesisch waren, aber ich habe sie gemeistert und
mich merke, wie es jetzt bergauf geht.
Es hat eine lange Zeit gebraucht, (die in Erinnerungen und
Erzählungen oft gerne vernachlässigt wird) überhaupt mit den Kindern warm zu
werden, dass man die Namen von allen 70 hier kennt, dass die Kinder sich an
schon wieder(!) eine neue Volontärin gewöhnen und vor Allem die Grenzen
austesten, wie streng diese neue Möchtegern-Autorität ist... (-> Siehe:
MaJudith die Hausmutter).
Die Knacknuss befindet sich in der Tatsache, dass Kinder
hier genau so sind wie überall auch. Es gibt die Zicken, genauso wie die
Erfinder, die Gutmütigen, genauso wie die Temperamente, die Hinterfotzigen,
genauso wie die Kriminellen, aber auch die netten Unschuldigen.
Ich lerne hier viel über Entwicklungshilfe und darüber, dass
nicht alles Gold ist, was auf Fotos glänzt...
Viele Konversationen sind wichtig, dass ich sie wirklich
nicht missen wollen würde!
Als ich z.B. einen Jungen, der bei der Verteilung von
Kleidern gerade auf sein Mangel an Schuhen hinweisen wollte, indem er „shoes, shoes!“ rief, fragte, woher er denkt,
dass die Schuhe kommen, ob diese vom Himmel regnen, lachte er und meinte von
MaX, der Leiterin, einer Weißen.
Beim Weiteren Beharren meinerseits, ob er denkt, dass die
Leitern das Geld für Schuhe herzaubert, grinste er und brachte den ghanaischen
Standardspruch: „Me, I don’t know“.
Ich glaube ich war der Pionier seines Lebens, als ich ihm
versuchte zu erklären, dass die Schuhe, die Kleidung, das Essen und alles,
worin er lebt nicht von der Leiterin kommt, sondern von Menschen, die für IHN
arbeiten. Dass sogar weiße Menschen arbeiten müssen, aber dass sie hart
arbeiten und deswegen auch noch etwas den Kindern in Afrika abgeben (etwas
Theatralik ist durch die meinige Intension denke ich gerechtfertigt). Er
starrte mich mit großen schwarzen Augen an „Yes, Ma“.
Es gibt aber Aufs und Abs! Ich erlebe im Moment viel
mehr Aufs, dass ich mit den größeren Mädchen besser zurecht komme, mit den
Kindern spiele und ich mich heimischer fühle, weil ich so langsam weiß, was
getan werden muss.
Es sind die Nachmittage und die Gespräche mit den Kindern,
die es hier lebenswert machen. Die Nachhilfestunden mit einem Jungen z.B., der
16 ist und 13 Jahre seines Lebens auf der Straße gelebt hat, dem ich versuche
das Lesen und Schreiben auf spielerische seinem Alter angemessene Art
näherzubringen.
Die Stunden, in denen wir singen oder UNO spielen, die
Kinder einfach zu uns kommen und uns umarmen, weil sie wissen, dass wir die
Umarmung erwidern!
Die church sonntags, in denen die Kinder eine Stunde lang
trommeln, klatschen und singen – wir zwar nur 1% an Twi-Wörtern verstehen, aber
was wir verstehen ist die Freude, die dahinter steckt!
Ihr seht also: Es ist weder schwarz noch weiß – es ist grau (bzw. braun;) )
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