Morgens gibt es bei den Ghanaern immer eine genaue Abfolge
der Dinge. Kaum stehen sie auf, nehmen sie hygienebewusst die Zahnbürste in die
Hand und putzen sich die Zähne!
Alles andere kann warten.
Warum bis nach dem Frühstück warten? Was erledigt werden
kann, wird erledigt. Der ghanaischen Prokrastination ein Ende setzen!
Das Kuriose an dieser Geschichte ist, dass Ghanaer, wie wir
ja auch, davon überzeugt sind, dass SIE die optimale Reihenfolge haben!
Das liegt meines Erachtens jedoch nicht im Geschlecht der
Ghanaer, sondern eher in der natura humana...
Voller Neugier und Freude, schon wieder eine kulturelle
Indifferenz entdeckt zu haben, stürzen sich die andere Voluntärin und ich uns
ins Diskussionsgewühl, warum die Ghanaer im Allgemeinen und die
Kinderheimbewohner im Speziellen diese strenge Reihenfolge einhalten.
Diskussionsgewühl ist hier definitiv eine literarische Hyperbel.
Die einzigen, die reif für eine Diskussion sind, sind die „Studierten“, von den
anderen kann man – zu meinem überdimensional großen Leid - keine große Diskussionsfreudigkeit erwarten.
Wir beginnen, unser Diskussionsgeschick auf die Probe zu
stellen.
Der erste Sozialarbeiter hört sich unsere Argumentation an,
lässt ein paar Gegenargumente wirken und ist schlussendlich von der
europäischen Methode überzeugt. Check.
Äußerst kurios wird es mit den 2 anderen Sozialarbeitern.
Wir versuchen, ihnen unseren Standpunkt zu erklären:
Zähneputzen mache doch nur Sinn, wenn sie auch schmutzig
sind, wenn man sie also abends (was auch in Ghana –meistens- gemacht wird)
putze und man nicht an der „ich-erinnere-mich-nicht-mehr-heute-Nacht-an-den-Kühlschrank-gegangen-zu-sein-und-ihn-leer-gegessen-zu-haben-Krankheit
leide, so gäbe es keinen triftigen Grund, die Zähne morgens wieder zu bürsten,
außer, dass der schlechte Atem, der ja auch in Ghana vorkommen soll, störe,
man dann aber auch bis NACH dem Frühstück warten könne.
Ich vernachlässige die Mundspülung, welche es ja auch noch
irgendwo temporär einzugliedern gäbe, da ich sonst befürchte, dass das System
überladen wird.
Zu unserer Argumentation folgt sogleich der Gegenwind...
Gegenargument der Ghanaer Nummer 1.
Er versucht uns dies anhand eines Vergleichs näherzubringen.
Nachts scheint seiner Meinung nach ein anderer chemischer Verwesungsprozess
vonstatten zu gehen: Wenn man e.g. eine Ananas den Tag drüber draußen hat,
verwest diese viel langsamer als nachtsüber, deshalb(!) legt man sie über Nacht
auch in den Kühlschrank, meine Freunde!
Der Verwesungsprozess nachts über, welcher an den Zähnen vonstatten geht sei
also viel schädlicher und müsse somit morgens gleich nach dem Aufstehen
gestoppt werden!
Ich will ihn fragen, ob das mit ghanaischem Voodoo-Kult zu
tun hätte und ob das Aberglaube wäre, mir fällt jedoch die Vokabel nicht ein,
deshalb lasse ich diesen geistreichen Einwurf lieber...
Gegenargument der Ghanaer Nummer 2.
Falls man abends das Zähneputzen
vergisst, so ist es nicht so schlimm, wenn man es morgens macht.
Gegenargument der Ghanaer Nummer 3.
Es ist einfach richtig so, bitte keine Veränderung!
Um uns von dieser offensichtlich linear abfallenden
Argumentationskette zu begeistern, braucht es sicherlich mehr als 2 Ghanaer.
Sie müssen aber zugeben, dass sie auch mal in einer
Zeitschrift davon lasen, dass es vereinzelt Zahnärzte gäben, die auch
Zähneputzen nach dem Frühstück unterstützen, aber wie gesagt: „vereinzelt“
Warum ich euch diese Anekdote aus dem Leben eines deutschen
Volontärs in Ghana erzähle?
Das Zähneputzen an sich bereitet mir keine Zahnschmerzen, da
die Schwarzen, warum auch immer, AUSNAHMSLOS weiße Zähne haben, die nur so vor
Gesundheit strahlen! (Vielleicht ist an ihrer Theorie ja doch was dran? hihi)
Vielmehr sehe ich es als Ausdruck ihrer Mentalität.
Jeder noch so kleine Tipp – bzw noch so subtile
Diskussionsvorschlag - zur positiven Veränderung und Verbesserung ihrer
Lebenssituation nehmen sie nicht ernst. Mehr noch: Es ist ihnen ein Gräuel!
Sei es das Zähneputzen, das Ausmisten des Store rooms, die
Ordnung in der Library, das Ferienprogramm... Alles ist genauso geistreich, wie
„toothbrushing before breakfast“.
Die einzigen, mit denen ein anständiges Wort gesprochen
werden kann sind die Sozialarbeiter, da diese mehr Ausbildung als das normale
Volk haben.
Man kann also sagen: Je rückständischer die Menschen, desto
dickköpfiger sind sie.
Das ist auch so ein Kritikpunkt an Entwicklungshilfe...
Eine gute Nachricht: Wenn Entwicklungshilfe immer so
erfolgreich wäre, wie in meinem Fall, könnte ich die Welt beherrschen. Von 3
putzt sich ab vorgestern 1 Ghanaer die Zähne NACH dem Frühstück!
Die Verwesungsprozesse am Tag werden es ihm danken.
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