Jeden Morgen neu stehe ich vor diesem mir subjektiv überdimensionalen Rätsel: Wie geht das?
Ich spreche hier von der anscheinend nicht miteinander in
Bezug stehenden Physiognomie und sehr kohlenhydratreichhaltigen Essensweise der
Ghanaer.
Es gibt in Ghana nur 3 Sorten Brot: Weißbrot mit viel
Zucker, genannt Teabread, dann Weißbrot mit noch mehr Zucker, genannt „sugar
bread“, und dann das Weißbrot mit ganz viel Zucker und Kakao, genannt
„chocolate bread“. Wir in unserem Kinderheim haben die Möglichkeit zur Wahl zwischen
ersterem und zweiterem Weißbrot. Ich habe mir in der Zwischenzeit schon
angewöhnt, nicht mehr diesen Kohlenhydrathaufen in mich aufzunehmen, der zwar
weich und akzeptabel im Geschmack ist, jedoch ich im Gegensatz zu den
Einheimischen die markanten Folgen zu tragen habe.
Ich habe das Gefühl es sind nicht nur Kohlenhydrate
enthalten, was ja schon schlimm genug ist, in diesem Brot sind eindeutig
Dickmacher!
Dazu gibt es immer einen Porridge, welcher natürlich auch
mit viel Zucker verfeinert wurde oder einen Tee oder Milo (der gepanschte Kakao).
Zu dem Tee oder Milo steht jederzeit eine Dose mit „Milch“
zur Verfügung, eigentlich die fetteste Sahne, die man sich vorstellen kann, in
Ghana nennt man es aber Milch. In jedem Laden, wenn ich mal wieder lechzend auf
Milch bzw. Eiweißjagd bin und ich nach Milch frage versucht mir jeder diese
Sahne in der Blechdose schmackhaft zu machen. Es hilft nur manchmal, dass ich
ihnen mehrfach sage, ich würde gerne die Milch „from the fridge“, wenn das
nicht hilft „from the cow“ und wenn selbst das nicht hilft muss ich auch noch
die Kuhgeräusche verbalisieren.
Es kommt sicherlich ein „Oh, sorry, we run out of milk!“.
Jaja, sie runnen immer out of allem!
Ich bekomme dann im besten Fall Sojamilch – ist ja fast
dasselbe.
Jedenfalls scheint mir alles, was die Europäer fett macht
hier nicht anzusetzen. So viel Reis wie ich in den letzten 5 Monaten gegessen
habe, habe ich in meinem kompletten Leben noch nicht vertilgt, nur leider
versteht mein Stoffwechsel den Ortswechsel noch nicht.
Mir kommt es so vor, als wäre die komplette Biochemie der
Schwarzen auf Kohlenhydrate ausgelegt und der Stoffwechsel nur durch diese
Nahrung angeregt.
Alle Männer haben einen Sixpack, wenn nicht eight oder ten
pack. Die Kinder, sogar die kleinsten Mädchen haben solche Bauchmuskeln, dass
es sogar Arnold Schwarzenegger Angst machen sollte.
Der Sozialarbeiter, der eher ein schmächtiger Typ, jedoch
trotzdem repräsentativ für Ghanaer ist, schaufelt am meisten „Milch“ in sich
rein -das in das Glas schütten scheint bei ihm in Zeitlupe abzulaufen. Die
einzige Sportart, die er macht ist Fußball, jedoch auch das nicht regelmäßig,
immer mal wieder mit den Kindern. Mir sind schier die Augen ausgefallen, als
wir ihn abends wegen des Tankschlüssels aus dem Bett klopfen mussten, ich ihn
in einem weißen Unterhemd sah. Ein Körper wie ein „V“. Michael Phelps wäre
neidisch! Wie sie Muskeln aufbauen ist die eine Sache, Fakt ist, dass kein
Gramm Fett darauf sitzt!
Auf die Frage, die ich einem 17-Jährigen Junge im Kinderheim
stellte, wie es möglich sein kann, dass er solche Muskeln hat wie ein deutscher
Gleichaltriger, der mindestens 5 Mal die Woche ins Fitnessstudio pumpen geht,
meinte er: „I drink water!“.
Ich dagegen würde immer nur Cola und Fanta und Sprite
trinken, deshalb hätte ich nicht solche Mördermuskeln wie er. Wie gut, dass er
sich hierbei keinen Vorurteilen der Amerikaner bedient. Ich antworte nur: „Ah,
thank you, you helped me a lot, now I know“. Gegen diese Dorfweisheiten habe
ich schon den Kampf aufgegeben und lächle heroisch. Und zum Glück verstehen
Ghanaer prinzipiell keine Ironie.
Apropos Ironie.
Auf die oftgestellte Frage bzw. Aufforderung: „I marry you“
antworte ich manchmal: „sure, I’d love to. When is the date?“. Dies ist zu viel
Ironie auf einem Haufen und nur mit so etwas kann man die Ghanaer verblüffen
und damit für mehrere Sekunden ruhigstellen und das dann zur Flucht benutzen.
Zurück zum eigentlichen Thema.
Der ehemalige Volontär hat mir das evolutionstechnisch
erklärt. Die Schwarzen haben sich so an ihre Umgebung angepasst, dass jedes
Gramm Fett nicht angesetzt wird, weil es dann wiederum erhitzt. Zum Beispiel
hat hier fast niemand Haare auf den Armen! Die Kinder sind von unserem weißen
„Flaum“ ganz hypnotisiert.
Ungerecht ist auch, dass wenn das Fett bei älteren Damen
ansetzt, so setzt es am Allerwertesten und an der Oberweite an, und NUR DA!
Ungerechte Welt!
Es könnte einem ja ganz ungerecht vorkommen, wenn man das so
beobachtet.
Dabei bedenke ich dann aber ein Gespräch mit einer
Hausmuttergehilfin, die meinte, sie bemitleidete die Weißen, da wo immer sie
auch hinkommen, sie nicht mittanzen könnten, die Schwarzen dagegen könnten
überall auf der Welt tanzen. Ich antwortete nur trocken: „Weil alles auf der
Welt um Tanzen geht, hast du sogar Recht“.
Ich denke mir nur: Man kann nicht alles haben...
Hi Judith,
AntwortenLöschenkennst du mich noch? ;)
Ich sitze hier gerade in Kenia, mache auch einen Kurzzeiteinsatz, erlebe auch den afrikanischen Lyfestyle.
Ich musste gerade sehr lachen als ich deinen echt guten Artikel gelesen habe. Wollte nur schnell anfügen: Ostafrika ist genauso! :)
Habe eine gute und gesegnete Zeit in Ghana,
Clemens
Clemens! Ja, klar erinnere ich mich! Kommst aber nicht nach Tübingen, oder?
AntwortenLöschenWie gefällt dir Kenia? Was machst du dort? Weltwärts? Wirst du nett angenommen?
Haha :) hoffentlich kannst mir davon mal erzählen wenn du Zuhause bist!
Ist echt interessant, was man in Afrika alles sieht...
Danke, das wünsche ich Dir auch, Clemens!