Voll Freude ihrerseits und Wehmut meinerseits über den
letzten Abend der anderen Voluntärin werden wir beide vom abendlichen Programm
freigestellt.
Wo besser kann man eine last-evening-celebration feiern, als
im weniger romantischen Restaurant am romantischen Strand!
Zu diesem Anlass rückt der Barkeeper sogar einen hier wohl
nicht so üblichen Gin Tonic à Africa (Dry Gin mit SPRITE! o.O) heraus.
Ich
vergewissere euch an dieser Stelle: Alles kann als Gold erscheinen, was unter anderen Umständen
zu Blei dünkt...
Voller Erschöpfung über unser Leben fallen wir für
ghanaische Verhältnisse spät um 11 Uhr ins Bett: Der Schlaf lässt in meinem
Falle nicht lange auf sich warten..
Gegen 12 Uhr in der Nacht werde ich das erste Mal unsanft geweckt, indem
jemand an meinem Fuß zieht und mir versucht die Decke wegzuziehen. Es ist die
andere Voluntärin.
Schlaftrunken betätige ich 9% meiner Augenlidmuskeln und
öffne meine Augen einen Spaltbreit. Ich sehe verschwommene Umrisse von einer in
Panik geratenen Kollegin.
„Icch glaube wirr haben einen Frrosch hierr drrin!“ erklingt
ihre verzagte Stimme mit schweizerischem Akzent.
Sie unterrichtet mich, dass sie die Toilette aufsuchte und
sie befürchtet, dass eine Amphibie ungefragt in unser Schlafgemach eingebrochen
ist.
Ich verstehe nur: „keine akute Spinnengefahr“, fasle etwas
von „wir können jetzt sowieso nichts machen“ und lasse die andere Voluntärin
mit ihrem Elend alleine.
(Erklärung meinerseits hierzu: Der Frosch hat sich
höchstwahrscheinlich den Weg aus der Kloleitung in unser Klo gebahnt und ist
somit in unser Bad eingedrungen. Das hängt damit zusammen, dass die Klospülung
ihrerseits nur mit einem Eimer Wasser unsererseits funktioniert. Die
Wasserspülung ist somit wohl für einen wohlernährten Frosch, der es sich in der
Kloleitung bequem macht, nicht genug Widerstand - oder er kam durch die Dusche)
Eine Stunde später werde ich wieder geweckt.
Jetzt höre auch ich unseren ungeliebten Zimmergast: Unter
ihrem Bett versucht der Frosch sich in der Ecke hochzuarbeiten.
Langsam verstehe ich, wenn auch mit halber Motivation,
dass wir, wenn uns unser Leben lieb ist, wirklich etwas unternehmen müssen.
Ich checke die Lage, hüpfe von einem Fuß auf den anderen aus
Angst vor einem mich angreifenden Frosch, der sicherlich in jedem Moment unter
meinen Füßen hindurchhuscht.
Da ich jedoch noch keine Erfahrung mit 7cm großen Fröschen
und ihrer Vorliebe für Voluntärinnen gemacht habe, versuche ich die
Problemlösung mal auf die ghanaische Art – ich bin ja anpassungsfähig.
Mir kommt dies in meinem schläfrigen Zustand sowieso sehr
entgegen: Ich lege mich wie ein Hund ins Bett und versuche es mit dem
ghanaischen Leitsatz „IT WILL GO!“.
Es, bzw. er denkt gar nicht dran und rumort weiter.
Hoch interessant: Jetzt haben wir beide Problemlösungsansätze
im direkten Vergleich. Ich erinnere mich duster an meine deutsche Intuition in
solchen Fällen und fange an, den Frosch zu studieren.
Ich weiß noch vom Biologieunterricht der 5. Klasse –danke
Frau Pott an dieser Stelle – dass Frösche das Nasse suchen. Abgesehen von der
hohen Luftfeuchtigkeit hier ist es also nicht verwunderlich, bringt uns in
unserem Falle jedoch nicht viel weiter.
Wir beobachten die Reaktionen des Frosches, hantieren mit
Licht, Mückenspray und Stöcken.
Es zieht diesen Schurken tatsächlich in die Dunkelheit,
Mückenspray tangiert ihn peripher und Stöcke sind zum Wegdirigieren hilfreich.
Wir verwenden dieses neugewonnene elaborierte Wissen nun zur
Froschbekämpfung.
Einen kurzen Moment ziehe ich noch eine liebevollere
Variante zu Rate, dass ich ihn vielleicht küssen sollte, kann in dem Moment
jedoch das Mädchen aus dem Märchen und ihren riesigen Ekel vor dem
Inkognito-Prinzen besser nachfühlen als je zuvor und entscheide mich gegen den
Prinzen. Andere Mütter haben sicherlich schönere Söhne...
Wir jagen den Frosch also von Ecke zu Ecke, lassen immer mal
wieder Ekelschreie ertönen und bekommen ihn dann endlich soweit, dass er sich
in die Ecke zwischen Tür und Türrahmen quetscht.
Wir triumphieren schon, doch zu früh.
Aus deutscher Sicht wäre dieser Problemfall gelöst, jedoch
nicht auf ghanaischem Terrain: Die Moskitozweittür vor der Tür, die uns gegen
ungeliebte Moskitobesucher schützen soll! Wir müssen ihn also durch noch eine
Tür bringen!
Der Frosch freut sich über sein Heimspiel, bläht seine
Backen auf und arbeitet sich den Weg durch den Türspalt.
Bestandsaufnahme: Eine Voluntärin draußen im Dunkeln, die
andere mit dem Frosch im Hellen, man weiß nicht, was besser ist, denn beide
schreien.
Da hilft nur noch deutscher Erfindergeist...
Wir präparieren ein Froschgehege aus Schranktüren, um den
Frosch auf den richtigen Weg zu bringen, nämlich schleunigst in den Flur.
Innerhalb von 5 Minuten springt der Frosch voll Freude nach
draußen und darf nun die Kinder ärgern.
Wir lassen uns in die Laken fallen und träumen von
Froschsuppe.
Am nächsten Morgen erzählen wir voll Stolz von unserer
Froschjagd. Die Sozialarbeiter lassen nur ein „Ihr hättet ihn küssen sollen“
verlauten.
Genau, den Frosch aus der Toilette!
Eine Hausmutter meint bei solchen Hysterien der
zivilisierten Bevölkerung mit einem Appell an die Vernunft weiterzukommen: „er
ist doch viel kleiner als ihr, kein Grund zur Sorge!“
Für mich ist das nur eine Erklärung, die Faulheit zu
rechtfertigen.
Wenn mich jetzt Kinder rufen und "MaJudith, MaJudith, there is a frog" schreien, antworte ich erstaunt: "a frog?!?! where is it from?!?!"
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