Heute morgen beschlossen die andere Voluntärin und ich, dass
wir unser Bettzeug waschen würden (Grund dafür sind Bettläuse, die wir bei ihr
vermuten), doch nicht auf die ghanaische Art: grün-braunes Flusswasser mit
OMO-Waschmittel, sondern auf die Deutsche: kochend heißes Trinkwasser mit
Antiseptikum und Waschmittel.
Die Wasserkocher sind wohl durch und durch ghanaisch. Faul
und überlastet bei mehrmaligem Benutzen, aber dazu später.
Wir fangen zu Waschen an, um die vermeintlichen Tierchen mit
dem kochend heißen Wasser abzutöten.
Beim 4. Mal Wasserkochen– ich befinde mich gerade im
Nebenraum und wasche das Bettlaken – fängt es zu riechen an. Etwas angeschmort
riecht es. Das Antiseptikum? Eine chemische Reaktion mit meiner weißen
deutschen Hand? Verbrennt gerade meine Haut von dem kochend heißen Wasser?
Ich nehme kaltes Wasser und gieße es über meine Hand.
Ist es vielleicht die Bettwäsche die riecht? Die abgetöteten
Tierchen?
Wohl nichts von alledem.
Gut, also wasche ich emsig weiter.
Ich rieche nun nicht nur noch Angeschmortes, nun sehe ich
auch noch eine Rauchschwade um meine Nase schlawänzeln.
Ich renne ins Zimmer und sehe den cattle in Flammen
aufgehen!
Das Wasser ist angeschmort, das Plastik schwarz angekokelt
und an der Kontaktstelle steigt eine rot-gelbe Flamme empor, die immer höher
wächst.
Ich schnappe den Wasserkocher und renne erst einmal im
Zickzack durch das Zimmer. Wo abstellen? Immerhin könnte er in die Luft gehen
und ich gleich mit!
Ich stelle ihn auf die Duschabsperrung und kippe Wasser über
das Spektakel. Noch einmal gut gegangen.
Ich schaue mich nun im Raum um: es schwebt eine Rauchwolke
über den Möbeln und dem Boden.
Fenster auf!
Doch damit nicht genug...
„MaMelanie! MaMelanie!“, ruft es draußen von den Kindern.
„No, it’s just MaJudith in here!“, rufe ich.
„What happened, MaJudith?“
Die ganze girls-house-Mannschaft versammelt sich vor meiner
Tür samt den Hausmüttern.
„The cattle burnt!“, gebe ich nur von mir mit einer Mischung
aus Scham und unterdrücktem Lachen über die Verzweiflung, die sich in mir breit
macht.
Verzweiflung darüber, was jetzt fehlen wird, da wir keinen
Wasserkocher mehr haben! Ein cattle ist hier nämlich aus meiner Sicht
überlebensnotwendig!!!
Nicht nur, dass er mir ein Stück Heimat nach Ghana bringt,
indem ich mir regelmäßig einen Tee koche, sondern ganz europäisch-menschliche
Bedürfnisse werden mit ihm gestillt, wie warmes Wasser zum Duschen(!), Shampoo
aus den Haaren zu bekommen (was sich als unmöglich mit dem kalten Pendant
gestaltet),
Kleider waschen mit heißem Wasser, Unterwäsche kochen, etc.
Ich könnte die Liste weiterführen: Der Punkt ist:
Wasserkocher gehören zu den profunden zivilisierten Menschenrechten hier in
Ghana – meines Erachtens.
Um dieses Problem auf die ghanaische Art zu behandeln legen
wir uns erst einmal aufs Bett und dösen eine Runde. Sowieso: Über jedes Problem
muss hier erst einmal meditiert werden, auf dem Bett mit geschlossenen Augen
und heruntergefahrener Atmung, bis man wieder aufwacht und Hilfe holen kann,
die das Problem mit der gleichen Prozedur anfangend „behandelt“ . Die Hilfe kam
bis jetzt nicht.
Der zivilisierte Europäer mag darüber schmunzeln – meine
kleine Welt hier in Ghana ist wegen des brennenden Wasserkochers zusammengebrochen.
Vielleicht muss ich dazu einmal die Wassersituation in Ghana
beleuchten.
Ca. 14-18% der Haushalte in Ghana haben eine Toilette. Eine
Toilette ist also Luxus. Ich als weißer Voluntär kann mich als regelmäßiger stolzer
Besucher einer Toilette erfreuen.
Eine Toilette ist jedoch in Ghana einfach eine Toilette,
damit sei nicht gesagt, dass man damit gleich Wasser zum Spülen hat, das haben
sogar die Villen außerhalb der Stadt nicht.
Woher ich das weiß? Das sieht man an den schwarzen Tanks.
Wasser, sei es Trinkwasser, Toilettenspülwasser,
Waschwasser,... wird aus schwarzen „tanks“ gezapft. Jeden bzw jeden zweiten Tag
muss also Wasser von den Tanks geholt werden. Duschen funktioniert hier mit der
sogenannten „bucket-shower“: Ein kleiner Eimer, der über den Körper geleert
wird (es geht besser als man denkt...!)
Die Toilette hat keine Spülung, es wird manuell nachgespült
– mit dem Wasser, was man aus dem Tank holt.
Diese Variante ist für die „Reichen“ bzw. auch für die
Weißen. Die Kinder im Kinderheim benutzen Flußwasser zum Duschen, WC-Spülen und
Waschen. Die Bestandteile des Wassers will ich wie bei vielem hier gar nicht
haargenau aufgelistet bekommen.
Sei schlau, bleib dumm.
Wie die Einheimischen hier ihr Geschäft verrichten durfte
ich mit Ekel wahrnehmen.
Das Dorf Prampram besteht aus ca. einer langen Straße, an
der Straßenseite stehen Hütten, die bewohnt werden und davor hat fast jede
Hütte einen Stand, an dem sie Früchte oder Handykarten verkaufen.
An der Seite führt ein vertrocknetes Etwas zwischen Kanal
und Bach. Gefüllt mit schwarzen Tütchen. Ich muss wohl nicht erzählen, was sich
in diesen befindet... Wenn es mal schnell gehen muss kann man sich auch – wenn
das Schamgefühl ganz verdrängt wird – an den Rand des Etwases stellen und sein
Geschäft auf der main- und einzigen road des Dorfs verrichten.
Ich verbleibe mit ganz lieben Grüßen und hoffe, dass Ihr
heute und morgen und vielleicht auch die nächste Woche (oder länger J ) dankbar für euer
fließendes Wasser und euren Wasserkocher seid ;)
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