Dienstag, 28. August 2012

Die deutsche Art: meine heroische Froschbekämpfung


Ein Frosch zum Küssen - prinzenähnlicher Besuch


Voll Freude ihrerseits und Wehmut meinerseits über den letzten Abend der anderen Voluntärin werden wir beide vom abendlichen Programm freigestellt.
Wo besser kann man eine last-evening-celebration feiern, als im weniger romantischen Restaurant am romantischen Strand!
Zu diesem Anlass rückt der Barkeeper sogar einen hier wohl nicht so üblichen Gin Tonic à Africa (Dry Gin mit SPRITE! o.O) heraus. 
Ich vergewissere euch an dieser Stelle: Alles kann als Gold erscheinen, was unter anderen Umständen zu Blei dünkt...

Voller Erschöpfung über unser Leben fallen wir für ghanaische Verhältnisse spät um 11 Uhr ins Bett: Der Schlaf lässt in meinem Falle nicht lange auf sich warten..

Gegen 12 Uhr in der Nacht werde ich das erste Mal unsanft geweckt, indem jemand an meinem Fuß zieht und mir versucht die Decke wegzuziehen. Es ist die andere Voluntärin.
Schlaftrunken betätige ich 9% meiner Augenlidmuskeln und öffne meine Augen einen Spaltbreit. Ich sehe verschwommene Umrisse von einer in Panik geratenen Kollegin.
„Icch glaube wirr haben einen Frrosch hierr drrin!“ erklingt ihre verzagte Stimme mit schweizerischem Akzent.
Sie unterrichtet mich, dass sie die Toilette aufsuchte und sie befürchtet, dass eine Amphibie ungefragt in unser Schlafgemach eingebrochen ist.
Ich verstehe nur: „keine akute Spinnengefahr“, fasle etwas von „wir können jetzt sowieso nichts machen“ und lasse die andere Voluntärin mit ihrem Elend alleine.

(Erklärung meinerseits hierzu: Der Frosch hat sich höchstwahrscheinlich den Weg aus der Kloleitung in unser Klo gebahnt und ist somit in unser Bad eingedrungen. Das hängt damit zusammen, dass die Klospülung ihrerseits nur mit einem Eimer Wasser unsererseits funktioniert. Die Wasserspülung ist somit wohl für einen wohlernährten Frosch, der es sich in der Kloleitung bequem macht, nicht genug Widerstand - oder er kam durch die Dusche)

Eine Stunde später werde ich wieder geweckt.

Jetzt höre auch ich unseren ungeliebten Zimmergast: Unter ihrem Bett versucht der Frosch sich in der Ecke hochzuarbeiten.
Langsam verstehe ich, wenn auch mit halber Motivation, dass wir, wenn uns unser Leben lieb ist, wirklich etwas unternehmen müssen.
Ich checke die Lage, hüpfe von einem Fuß auf den anderen aus Angst vor einem mich angreifenden Frosch, der sicherlich in jedem Moment unter meinen Füßen hindurchhuscht.
Da ich jedoch noch keine Erfahrung mit 7cm großen Fröschen und ihrer Vorliebe für Voluntärinnen gemacht habe, versuche ich die Problemlösung mal auf die ghanaische Art – ich bin ja anpassungsfähig.
Mir kommt dies in meinem schläfrigen Zustand sowieso sehr entgegen: Ich lege mich wie ein Hund ins Bett und versuche es mit dem ghanaischen Leitsatz „IT WILL GO!“.

Es, bzw. er denkt gar nicht dran und rumort weiter.

Hoch interessant: Jetzt haben wir beide Problemlösungsansätze im direkten Vergleich. Ich erinnere mich duster an meine deutsche Intuition in solchen Fällen und fange an, den Frosch zu studieren.
Ich weiß noch vom Biologieunterricht der 5. Klasse –danke Frau Pott an dieser Stelle – dass Frösche das Nasse suchen. Abgesehen von der hohen Luftfeuchtigkeit hier ist es also nicht verwunderlich, bringt uns in unserem Falle jedoch nicht viel weiter.
Wir beobachten die Reaktionen des Frosches, hantieren mit Licht, Mückenspray und Stöcken.
Es zieht diesen Schurken tatsächlich in die Dunkelheit, Mückenspray tangiert ihn peripher und Stöcke sind zum Wegdirigieren hilfreich.
Wir verwenden dieses neugewonnene elaborierte Wissen nun zur Froschbekämpfung.

Einen kurzen Moment ziehe ich noch eine liebevollere Variante zu Rate, dass ich ihn vielleicht küssen sollte, kann in dem Moment jedoch das Mädchen aus dem Märchen und ihren riesigen Ekel vor dem Inkognito-Prinzen besser nachfühlen als je zuvor und entscheide mich gegen den Prinzen. Andere Mütter haben sicherlich schönere Söhne...

Wir jagen den Frosch also von Ecke zu Ecke, lassen immer mal wieder Ekelschreie ertönen und bekommen ihn dann endlich soweit, dass er sich in die Ecke zwischen Tür und Türrahmen quetscht.
Wir triumphieren schon, doch zu früh.
Aus deutscher Sicht wäre dieser Problemfall gelöst, jedoch nicht auf ghanaischem Terrain: Die Moskitozweittür vor der Tür, die uns gegen ungeliebte Moskitobesucher schützen soll! Wir müssen ihn also durch noch eine Tür bringen!
Der Frosch freut sich über sein Heimspiel, bläht seine Backen auf und arbeitet sich den Weg durch den Türspalt.
Bestandsaufnahme: Eine Voluntärin draußen im Dunkeln, die andere mit dem Frosch im Hellen, man weiß nicht, was besser ist, denn beide schreien.

Da hilft nur noch deutscher Erfindergeist...
Wir präparieren ein Froschgehege aus Schranktüren, um den Frosch auf den richtigen Weg zu bringen, nämlich schleunigst in den Flur.
Innerhalb von 5 Minuten springt der Frosch voll Freude nach draußen und darf nun die Kinder ärgern.

Wir lassen uns in die Laken fallen und träumen von Froschsuppe.

Am nächsten Morgen erzählen wir voll Stolz von unserer Froschjagd. Die Sozialarbeiter lassen nur ein „Ihr hättet ihn küssen sollen“ verlauten.
Genau, den Frosch aus der Toilette!
Eine Hausmutter meint bei solchen Hysterien der zivilisierten Bevölkerung mit einem Appell an die Vernunft weiterzukommen: „er ist doch viel kleiner als ihr, kein Grund zur Sorge!“
Für mich ist das nur eine Erklärung, die Faulheit zu rechtfertigen.

Wenn mich jetzt Kinder rufen und "MaJudith, MaJudith, there is a frog" schreien, antworte ich erstaunt: "a frog?!?! where is it from?!?!"

Mein erster Tag in der Hauptstadt


Heute waren wir in Accra, der Hauptstadt Ghanas. 2  Obrunis entdecken auf eigene Faust eine Stadt voll Gewühl von Autos, Schwarzen und Bettlern.

Wir starten sehr früh morgens gegen 6.30, da Autos und Platz in dieser Region unproportional zueinander existieren: Es gibt zu viele Autos für die 2 spurigen Straßen, sodass zwischen 8 und 11 Stau in die Stadt hinein besteht, ab 11 bis 4 Stau IN der Stadt und von 4-7 Uhr wieder Stau auf den Straßen in die Randgebiete. Somit fahren viele Ghanaer schon um 5 Uhr ins Büro, legen sich dort noch eine Runde aufs Ohr und fangen dann erst mit der Arbeit an.
Wir kommen noch vor dem großen Ansturm an. Ganz afrikanisch benutzen wir als Fortbewegungsmittel natürlich die sogenannten „Trotros“.
Trotros sind Sprinter, die zu Bussen umgebaut. sind Wo in Deutschland eine Beschränkung der  Zahl zur Personenbeförderung zum Schutz der Passagiere besteht (nämlich 8 Personen) wird in Ghana einfach eingeladen, bis selbst der letzte Obibini keinen Platz mehr findet. Gestern saßen wir insgesamt zu 19. in dem Trotro, es passen aber sicherlich 20 hinein. Es ist die billigste Personenbeförderung hier, die auch von Geschäftsleuten in Anzug benutzt wird, aber auch die gefährlichste. Die Trotro-Fahrer fahren wie die Henker, somit sind die Zahlen der Trotro-Unfälle immens hoch. Gefährlich auch, da viele Trotros in sehr schlechtem Zustand sind und diese auch nicht repariert werden. In Ghana werden  alle Gegenstände, seien sie noch so teuer, benutzt, bis sie in sich zusammen fallen. Das fängt bei der Lampe an und hört bei den Taxis und Trotros auf. Wenn die Sachen kaputt gehen werden sie weiterbenutzt oder der Verrottung angeboten.
Wir suchen uns natürlich den Trotro aus, der am besten und am „neuesten“ aussieht. Man ist ja durch und durch sicherheitsbewusst...
Angekommen in Accra tasten wir uns langsam an die eingemachten afrikanischen Viertel vor. Uns fallen schnell die frappierenden Unterschiede zu den deutschen Städten auf: Es ist laut, schmutzig, der Smog brennt in den Augen, überall wird gehupt, überall passieren Fast-Unfälle...
Das einzig Gute daran, dass wir weiß sind, ist, dass wir die Straße überqueren können, ohne Angst um unser Leben zu haben, denn es schaut uns sowieso jeder nach.
Vor diesem Trubel gönnen wir uns noch eine „europäische“ Stärkung: Kaffee am Flughafen und Internetcafé plus eine Toilette mit Spülung (!!!), wahrscheinlich um die zivilisierten Besucher nicht gleich mit den afrikanischen Zuständen zu verjagen...
Interessant ist hier auch, dass obwohl Kaffee in Ghana angebaut wird es mir so vorkommt, dass die Europäer fast ausschließlich für den Kaffeekonsum zuständig sind und es auch nur das Nescafé KaffeePULVER gibt – man bzw. ich werde mich sicherlich an dieses gepanschte Pulver in den mir bevorstehenden Monaten gewöhnen.

Zurück zum Flughafen, bzw. schon auf dem überteuerten Taxi-Weg zum einheimischen „Makola Market“! Dieser stellt sich wie eine Art Labyrinth heraus: wir fangen auf der Straße an den Ständen und Läden an, kommen dann ganz automatisch in eine Art Haus mit Treppenaufgang und ehe wir uns versehen sind wir in dem Gebäudekomplex (eher eine Ruine) auf 4 Ebenen, wo es selbst hoch oben keine Wände zur Straßen hin gibt – eine Versuchung für alle Selbstmordgefährdeten, hier scheint dies jedoch kein größeres Problem zu sein. Es geht hier mehr ums nackte Überleben, wohingegen man sich in Europa das Leben samt teurer Robe selbst nimmt.

Von außen ein wirklich atemberaubender Anblick!

Wir kämpfen uns den Weg zwischen allen Obibinis (Schwarzen) durch, an Schmuck, Schuhen, Stoffen, Cremes, nachgemachten Kosmetikartikeln, Flechtständen, Kleidungsläden, Tees, Küchenartikeln,... Und auf einmal sind wir dort, wo wir nicht hinwollten: bei den Essensständen!
Von allen Seiten schauen mich Fischaugen an, selbst Schweinefüße (man stelle sich ein Schwein vor, hacke vor seinem Auge den Oberkörper des Schweins ab, und schon hat man die Schweinsfüße samt Knochen und Gefäße angerichtet auf einem silbernen Tablett, wie auf diesem Market) ... selbst diese Schweinefüße scheinen mir nachzurennen, die lebenden Krabben mit Panzer in den Eimern kribbeln mich am ganzen Körper und der Gestank löst in mir Unbehagen aus. Von allen Seiten scheint tote (oder auch lebendige) Bedrohung auszugehen. Hinter mir drängen die Schwarzen mit Lasten auf den Köpfen, vor mir stehen Säcke voll Hafer und unter mir lässt der Boden mich immer wieder fast stolpern. Ich im Gegensatz zu den hier zu verkaufenden Fischen habe ich nämlich meine Augen nicht ÜBERALL!
Wir schnappen überall Wortfetzen auf Twee auf, darunter ein Satz auf Englisch (man wird sofort wissen, warum), gesprochen von einer Mutter an ihr 4 jähriges Kind: „Look, these are Obrunis (Weiße) and they have a looooooot of money!“
„Friends“ sein wollen sie trotzdem alle mit den Obrunis, selbst hier auf dem market rufen uns alle mit „Friend“, das hat wahrscheinlich eher mit unserem Geld zu tun, anstatt unseres liebenswürdigen Charakters...

Hier den Weg hinaus zu finden gestaltet sich schwieriger als gedacht! Wir verlaufen uns ein paar mal, laufen im Zickzack, im Kreis, dann wieder zurück und finden endlich einen Weg nach draußen auf die Straße.
Vollbepackt mit neuerworbenen Sachen stehen wir nun dort immer noch im Gewühl der Menschen, die uns entweder laut rufen oder uns anfassen. Ich sage euch: Es ist ein Alptraum, aus dem man schnell wieder erwachen will!
Der Stau hat in der Zwischenzeit schon die Innenstadt erreicht und wir flüchten uns nur in ein Taxi ohne Klimaanlage, um am traffic jam teilzuhaben – dafür sind wir dort sicher vor den schwarzen Aufdringlingen.

Der Taxifahrer bringt uns auf einem riesigen Umweg, da er selbst den Weg bzw unser Ziel nicht kennt und wir das erstere erst recht nicht, zum Art-Market.
Ein Paradies für jede Frau! Es gibt echte Ledertaschen zu einem Spottpreis, die die Verkäufer mit uns runterverhandeln und uns „from their heart“ verkaufen. Eine eisgekühlte Cola für 50cent darf zur Stärkung nicht fehlen...

Genug Afrika für heute!

Wir suchen uns einen Ort, wo wir mal nicht angestarrt werden, nicht  „Obruni, Obruni“ sind und unseren europäischen Bedürfnissen nachgehen können.
Dazu gibt es hier nur eine (aber wenigstens eine!) Anlaufstelle: Die Accra-mall!
Für alle Ludwigsburger: diese ist auf einem Stock etwa so groß wie 2 Flügel des Breuningerlandes, für uns mehr als genug!
Eine sprichwörtliche Oase in der Wüste!
Es gibt amerikanisches Fast-Food, sogar „italienische“ Milcheiscreme (nicht wie sonst Kakao aus Wasser und Pulver eingefroren und dann als Schokoeis verkauft), Supermärkte mit allem, was das Herz begehrt und Shoppinggeschäfte mit europäischer Haute-Couture bzw Fashion.
Nach all den Slums, die wir gesehen haben nun die andere Seite der Stadt: die High-Society Ghanas. Hier tummelt sich alles, was Rang und Namen hat - so auch wir.
Wir kaufen einen cattle für 15€! (Diesen hüten wir jetzt wie unseren Augapfel: Danke an dieser Stelle für alle, die angeboten haben einen Wasserkocher zu schicken! Es ist wirklich schön zu wissen, dass Deutschland sich um mein Wohl hier sorgt und mir auch tatkräftig zur Seite steht!)
Unsere Heiße-Wasser-Dürrezeit ist überstanden. Gott sei Dank!

Nach 6h Mall sind wir fertig zur Heimreise und vollbepackt von unserem Einkaufstag.
Die letzte Hürde: ein Taxi finden, was einen angemessenen Preis verlangt. Nach 20 Minuten haben wir jemanden, der uns nicht ganz so übers Ohr hauen will und für die 45 minütige Fahrt 30 Cedi nimmt (15€) und nicht wie die anderen 50. Das Argument „ If I were an Obibini, you would charge 22 cedi, only because I’m white...!“ hilft hier nicht sehr weiter. Es scheint hier als gäbe es secret-Preislisten für Fahrten mit Weißen.

Die Taxi-Fahrt ist lustig: Der Taxi-Fahrer benutzt die nicht existierende „dritte Spur“, um an dem Stau mit 70 km/h vorbeizudüsen. Auf unsere  rhetorische Frage hin, ob er das darf, strahlt er uns im Rückspiegel mit seinen weißen Zähnen an und lacht. „No, it’s not allowed!“. Voller Müdigkeit und Ungläubigkeit bekomme auch ich einen Lachkrampf und frage, warum das nicht alle machen würden. Voller Genugtuung deutet er auf den fast auseinanderfallenden Trotro 10 Meter vor uns: „He also does it, you see“.
Ich frage, was passiert, wenn die Polizei ihn erwischt. Er meint, dass man das natürlich nur machen kann, wenn die Polizei es nicht sieht. (Ui!) Falls doch, wird er aus dem Auto springen, wegrennen, die Polizei sein Auto beschlagnahmen und wir sollen uns einfach ein neues Taxi holen. Das hoffe ich nicht, denn ich habe den Taxifahrer und sein weißes Lachen aus der Zahnpastawerbung schon in mein Herz geschlossen, genauso wie den „fairen“ Preis, den er uns machte...


Mit Kopfweh, neuen Eindrücken, völlig dehydriert, schmutzig und müde fallen wir in unsere Betten und hoffen, dass unsere Verdauung das Breitengrad-Food-Hopping mitmacht... – Sie tut es nicht.


Wow, Ihr dürft euch Detlef D! Soost- like auf die Schulter klopfen, wenn Ihr es bis hier unten geschafft habt!
Ich danke euch, dass Ihr so an meinem Leben teilhabt!
Es war ein langer Tag, voll von neuen Erfahrungen und Bildern! Man kann es kaum in Worte fassen, ich selbst kann es kaum fassen, wie die Menschen hier in dem für uns herrschenden „Chaos“ leben. (Um es mit den Worten des netten Taxi-Fahrers auszudrücken: „you get used to it – I’m a real Accra-Boy!“)
Ich halte euch auf dem Laufenden! Küsschen an alle!

Das zivilisierte Menschenrecht: Der Wasserkocher


Heute morgen beschlossen die andere Voluntärin und ich, dass wir unser Bettzeug waschen würden (Grund dafür sind Bettläuse, die wir bei ihr vermuten), doch nicht auf die ghanaische Art: grün-braunes Flusswasser mit OMO-Waschmittel, sondern auf die Deutsche: kochend heißes Trinkwasser mit Antiseptikum und Waschmittel.
Die Wasserkocher sind wohl durch und durch ghanaisch. Faul und überlastet bei mehrmaligem Benutzen, aber dazu später.
Wir fangen zu Waschen an, um die vermeintlichen Tierchen mit dem kochend heißen Wasser abzutöten.
Beim 4. Mal Wasserkochen– ich befinde mich gerade im Nebenraum und wasche das Bettlaken – fängt es zu riechen an. Etwas angeschmort riecht es. Das Antiseptikum? Eine chemische Reaktion mit meiner weißen deutschen Hand? Verbrennt gerade meine Haut von dem kochend heißen Wasser?
Ich nehme kaltes Wasser und gieße es über meine Hand.
Ist es vielleicht die Bettwäsche die riecht? Die abgetöteten Tierchen?
Wohl nichts von alledem.
Gut, also wasche ich emsig weiter.
Ich rieche nun nicht nur noch Angeschmortes, nun sehe ich auch noch eine Rauchschwade um meine Nase schlawänzeln.
Ich renne ins Zimmer und sehe den cattle in Flammen aufgehen!
Das Wasser ist angeschmort, das Plastik schwarz angekokelt und an der Kontaktstelle steigt eine rot-gelbe Flamme empor, die immer höher wächst.
Ich schnappe den Wasserkocher und renne erst einmal im Zickzack durch das Zimmer. Wo abstellen? Immerhin könnte er in die Luft gehen und ich gleich mit!
Ich stelle ihn auf die Duschabsperrung und kippe Wasser über das Spektakel. Noch einmal gut gegangen.
Ich schaue mich nun im Raum um: es schwebt eine Rauchwolke über den Möbeln und dem Boden.
Fenster auf!
Doch damit nicht genug...
„MaMelanie! MaMelanie!“, ruft es draußen von den Kindern.
„No, it’s just MaJudith in here!“, rufe ich.
„What happened, MaJudith?“
Die ganze girls-house-Mannschaft versammelt sich vor meiner Tür samt den Hausmüttern.
„The cattle burnt!“, gebe ich nur von mir mit einer Mischung aus Scham und unterdrücktem Lachen über die Verzweiflung, die sich in mir breit macht.
Verzweiflung darüber, was jetzt fehlen wird, da wir keinen Wasserkocher mehr haben! Ein cattle ist hier nämlich aus meiner Sicht überlebensnotwendig!!!
Nicht nur, dass er mir ein Stück Heimat nach Ghana bringt, indem ich mir regelmäßig einen Tee koche, sondern ganz europäisch-menschliche Bedürfnisse werden mit ihm gestillt, wie warmes Wasser zum Duschen(!), Shampoo aus den Haaren zu bekommen (was sich als unmöglich mit dem kalten Pendant gestaltet),
Kleider waschen mit heißem Wasser, Unterwäsche kochen, etc.
Ich könnte die Liste weiterführen: Der Punkt ist: Wasserkocher gehören zu den profunden zivilisierten Menschenrechten hier in Ghana – meines Erachtens.

Um dieses Problem auf die ghanaische Art zu behandeln legen wir uns erst einmal aufs Bett und dösen eine Runde. Sowieso: Über jedes Problem muss hier erst einmal meditiert werden, auf dem Bett mit geschlossenen Augen und heruntergefahrener Atmung, bis man wieder aufwacht und Hilfe holen kann, die das Problem mit der gleichen Prozedur anfangend „behandelt“ . Die Hilfe kam bis jetzt nicht.

Der zivilisierte Europäer mag darüber schmunzeln – meine kleine Welt hier in Ghana ist wegen des brennenden Wasserkochers zusammengebrochen. 
Vielleicht muss ich dazu einmal die Wassersituation in Ghana beleuchten.
Ca. 14-18% der Haushalte in Ghana haben eine Toilette. Eine Toilette ist also Luxus. Ich als weißer Voluntär kann mich als regelmäßiger stolzer Besucher einer Toilette erfreuen.
Eine Toilette ist jedoch in Ghana einfach eine Toilette, damit sei nicht gesagt, dass man damit gleich Wasser zum Spülen hat, das haben sogar die Villen außerhalb der Stadt nicht.
Woher ich das weiß? Das sieht man an den schwarzen Tanks.
Wasser, sei es Trinkwasser, Toilettenspülwasser, Waschwasser,... wird aus schwarzen „tanks“ gezapft. Jeden bzw jeden zweiten Tag muss also Wasser von den Tanks geholt werden. Duschen funktioniert hier mit der sogenannten „bucket-shower“: Ein kleiner Eimer, der über den Körper geleert wird (es geht besser als man denkt...!)
Die Toilette hat keine Spülung, es wird manuell nachgespült – mit dem Wasser, was man aus dem Tank holt.
Diese Variante ist für die „Reichen“ bzw. auch für die Weißen. Die Kinder im Kinderheim benutzen Flußwasser zum Duschen, WC-Spülen und Waschen. Die Bestandteile des Wassers will ich wie bei vielem hier gar nicht haargenau aufgelistet bekommen.
Sei schlau, bleib dumm.
Wie die Einheimischen hier ihr Geschäft verrichten durfte ich mit Ekel wahrnehmen.
Das Dorf Prampram besteht aus ca. einer langen Straße, an der Straßenseite stehen Hütten, die bewohnt werden und davor hat fast jede Hütte einen Stand, an dem sie Früchte oder Handykarten verkaufen.
An der Seite führt ein vertrocknetes Etwas zwischen Kanal und Bach. Gefüllt mit schwarzen Tütchen. Ich muss wohl nicht erzählen, was sich in diesen befindet... Wenn es mal schnell gehen muss kann man sich auch – wenn das Schamgefühl ganz verdrängt wird – an den Rand des Etwases stellen und sein Geschäft auf der main- und einzigen road des Dorfs verrichten.

Ich verbleibe mit ganz lieben Grüßen und hoffe, dass Ihr heute und morgen und vielleicht auch die nächste Woche (oder länger J ) dankbar für euer fließendes Wasser und euren Wasserkocher seid ;)







Änderung

Meine lieben Freunde und Leser,

nachdem ich das Gefühl habe, dass mein anderer Blog von sehr vielen WLANs, mit denen ich hier im Internet bin, nicht unterstützt wird und ich deswegen seit Tagen nichts mehr hochladen konnte - ich entschuldige mich dafür! - habe ich mich entschlossen die Welt des Internets um ein Millionstelstellchen zu erweitern, indem ich mir noch einen Blog erstelle. 
Ich hoffe, damit kann ich den ghanaisch technischen Ungereimtheiten aus dem Wege gehen...

Enjoy!